Himmelsrichtung

IMG_7390

Ich steh mir selbst im Weg. Und das nicht nur manchmal, sondern fast die ganze Zeit. Teilweise betrifft es nur kleine Dinge, wie die Unsicherheit, wenn man neue Leute trifft. Die Fragen wo man hin möchte und wer man sein will, wiegen dagegen schwerer. Viele quälen diese Fragen und meistens hat man auch keine Antwort dafür, was vielleicht gar nicht so schlecht ist. Dadurch zwingt man sich offen zu sein und sich von der Zukunft überraschen zu lassen. Aber sollte man nicht zumindest eine Richtung haben?

Meine größte Schwäche ist mein fehlendes Selbstvertrauen. Lange Zeit habe ich gewartet, dass sich eine Gelegenheit von alleine ergibt. Nur so läuft das Leben nicht.

Warten wird einen nicht zum Ziel bringen. Die Schritte muss man selbst tun. Der Weg mag von der Vorstellung abweichen. Ein Plan mag nicht immer klappen. Keine Straßenkarte – aber immerhin eine Himmelsrichtung.

Also stehe ich nun da. Seit Jahren träume ich von meiner Himmelsrichtung und warte. Worauf? Vielleicht, dass mich jemand schupst, doch je mehr Zeit vergeht desto größer wird die Wand der Unsicherheit. Es gibt Momente der Motivation, Momente in denen ich aufspringen will und loslaufen möchte. Doch dann fällt mir wieder auf, dass es nicht so einfach ist und gebe auf.

Der Ehrgeiz war noch nie da, doch meine Himmelsrichtung braucht viel Ehrgeiz. Also was ist die Lösung? Etwas, dass mir sehr geholfen hat war, jeden Schritt einzeln zu nehmen. Der Gedanke des ganzen Weges hat mich immer überfordert und mich dazu gebracht gar nicht erst loszulaufen. Doch jetzt versuche ich nicht mehr so sehr über die nächsten zehn Schritte nachzudenken, sondern begebe mich langsam in Bewegung. Die Schnelligkeit ist erstmal egal, die Bewegung alleine zählt.

Und meine Unsicherheit? Sie besteht aus der Angst nicht gut genug zu sein. Nicht, das zu können was ich möchte. Täglich muss ich mir ins Gedächtnis rufen, dass Talent nicht ausreicht. Viel wichtiger ist die Übung. Mag sein, dass ich nicht gut bin. Aber mit viel Arbeit werde ich gut werden. Niemand wird mich verurteilen, also sollte ich das auch nicht. Niemand wird mir einen Tritt geben loszulaufen. Das muss ich selbst schaffen.

Es ist das schwerste und gleichzeitig ist es das einzige, dass sich richtig anfühlt.

Werbung

Etwas mit Bedeutung

Das Licht spiegelt sich in dem Bildschirm meines Laptops wieder. Ich sehe nichts. Nur mich.
Um das Wetter zu genießen, sitze ich draußen. In der Sonne.
Das Licht spiegelt sich in dem Bildschirm meines Laptops wieder. Ich sehe nichts. Nur mich.
Etwas aus dem Tag machen. Draußen sitzen. In der Sonne.
Doch alles was ich sehe bin ich.
Im Schlafanzug mit verschlafenen Blick.
Morgens um 13.53 Uhr.
Frühstück gibt es draußen.
Um das Wetter zu genießen. In der Sonne.
Ein kleiner Schritt, denk ich mir.
Mehr leben. Mehr genießen. Luft atmen. Wärme spüren.
Das ist der erste Tag meines restlichen Lebens.
Mach was draus. Sagt man.
Das Licht spiegelt sich in dem Bildschirm meines Laptops wieder. Ich sehe nichts. Nur mich.
Der erste Schritt, denk ich mir.
Mach etwas mit Bedeutung.
Also schreibe ich an meinem Laptop. Ich sehe nichts. Nur mich.
Etwas mit Bedeutung.
Es ist bereits zwei Tage her. Ein neues Bild sollte auf Instagram gepostet werden.
Bilder vom letzten Urlaub suchen. Wieder Hamburg.
Bereits das vierte Bild von dem Urlaub. Fällt niemandem auf.
Vor 18 Minuten gepostet. 14 Likes. Einen neuen Follower.
Mach etwas mit Bedeutung.
Das Licht spiegelt sich in dem Bildschirm meines Laptops wieder.
Ich sehe ein leeres Word Dokument. Times New Roman.
Mach was draus. Sagt man.

DSC_0139

Hamburg (2016)

Wenn ich spiele bin ich

Ich blicke in den Spiegel vor mir. 
Die Luft um mich herum ist stickig und mein Atem geht schwer. 
Die Ränder des Spiegels sind matt, die einrahmenden Lichter scheinen grell, der Tisch vor mir ist bedeckt mit weißem Puder.
 Die Luft scheint zu stehen. 
 Großen runden Augen blicken mich an. Sie sehen nicht aus wie meine. Die weiße und schwarze Farbe hat sie verzerrt.

Verschmitzt geschwungen. 
Ohne den Mund zu bewegen sehe ich ein Lächeln. 
Meine Lippen bleiben eine harte Linie. Sie sehen nicht aus wie meine. Die weiße und schwarze Farbe hat sie verzerrt.

Meine zittrige Hand greift nach dem roten Ball auf dem Tisch. 
Ungeschickt drückt sie ihn. 
Der rote Ball gibt einen quietschenden Laut von sich und weißes Puder springt hervor.

Ich blicke in das Gesicht mir gegenüber und der Ball nimmt seinen 
Platz ein. 
Er hat den Mittelpunkt des Gesichtes erreicht und verdeckt nun die ungeschminkte Nase.

Noch zwei Minuten.

Die Perücke juckt, doch ich darf sie nicht berühren. 
Eine Handvoll Haarnadeln stecken versteckt unter der rot-orangenen 
Lockenpracht. 
Ich bewege den Kopf und sehe wie die Locken fröhlich wippen. 
Mein Kopf tut weh. Die Nadeln drücken und ziehen.

Noch eine Minute.

Mein Körper verkrampft sich. 
Das Gesicht mir gegenüber lächelt mir zu. 
Es sieht nicht aus wie meins. 
Die weiße und schwarze Farbe hat sie verzerrt.

Witzig - denke ich. Vielleicht. Hoffentlich.

Manege frei. Hier komme ich.

Oscars 2017: Bester Fremdsprachiger Film

Ich kann mich nicht erinnern, einmal einen Oscar nominierten fremdsprachigen Film vor dem Abend der Auszeichnungen gesehen zu haben. Doch dieses Jahr kam es (mehr oder weniger zufällig) dazu, dass ich drei ,der nominierten Film vorher gesehen habe. Leider habe ich den Gewinner The Salesman noch nicht gesehen, was ich allerdings noch vor habe. Hier sind ein paar Gedanken, die ich zu den drei Filmen habe:

Unter dem Sand (2015)

Unter dem Sand ist unglaublich spannend! Der Film strahlt eine Ruhe aus, die fast schon bedrohlich wirkt. Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Die Ruhe, bevor eine Bombe entschärft wird. Ich musste immer wieder erleichtert aufatmen als die Bomben erfolgreich entschärft wurden, weil man immer das Gefühl hat, gleich müsste etwas passieren. Mir wurde es dabei nie langweilig, auch wenn die Kinder im Grunde den ganzen Film über „das gleiche machen“ das ist natürlich etwas übertrieben, denn zwischendurch erleben wir, wie sie mit der Situation umgehen und erfahren auch mehr über ihre Vergangenheit und ihre Wünsche und Hoffnungen wenn sie Nachhause dürfen. Auch die Rolle des Feldwebels wirkt sehr menschlich und ist unglaublich gut gespielt. Die Zerrissenheit, die in der Situation absolut verständlich ist, kann man ihm regelrecht aus den Augen lesen. Die Ruhe, der Strand und die Wortkargheit in manchen Szenen wirken fast friedlich und doch sind es aufwühlende Szenen, denn sie zeigen eine Realität die wir nicht erlebt haben ohne sie zu beschreiben oder zu erklären. Viel Herz und sehr Bewegend. 9/10

Toni Erdmann (2016)

Ich muss zugeben überhaupt kein Fan von Toni Erdmann zu sein, aber ich kann definitiv erkennen warum ihn andere gut finden und warum er heute zu den besten deutschen Filmen gehört. Er war skurril, gut gespielt, seltsam, lustig und hat uns, unter anderem gezeigt, dass Familie wichtig ist. Leider war er mir zum Teil zu skurril bzw. unverständlich eigenartig und das obwohl ich z.B. Woody Allen Filme und seine Eigenartigkeit liebe. Es hat mich oft einfach genervt wie seine Tochter Ines mit ihm umgegangen ist, was zwar gepasst hat aber mir leider zu anstrengend war. Immer wieder gab es schöne und witzige Szenen und dann weitere die mir abgebrochen und unwichtig vorkamen. Außerdem war er mir viel zu lang! Hätte man den Film vielleicht etwas gestrafft oder etwas weggelassen, hätte er mir vielleicht besser gefallen. So wirkte es, als hätte jemand versucht zu viel in den Film zu packen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, was die Amerikaner mit dem Film (der sehr untypisch für die Amerikaner ist) anstellen werden. 6/10

 Ein Mann namens Ove (2015)

Als ich das erste Mal von dem schwedischen Film Ein Mann namens Ove hörte, erwartete ich einen miesgelaunten Mann mit einem sehr kalten Humor. Da ich nur einen Radiobeitrag davon kannte, wusste ich auch nicht genau um was es geht, sondern nur, dass ein alter Rentner die Nachbarschaft terrorisiert – was auch stimmt. Aber das ist nicht alles, denn Ove hat eine wunderschöne Geschichte, die man in Rückblenden mit ihm zusammen erlebt. Man erfährt wie Ove aufgewachsen ist und was ihn dazu gebracht hat in seinen Seniorenjahren dem Selbstmord nahe zu sein. Dieser Film ist voller Herz und genau das Gegenteil von meinen Erwartungen, teilweise ist er sogar erstaunlich kitschig. Auch wenn ich nicht sagen könnte, dass Ein Mann namens Ove ein Meisterwerk ist, hat er mich bewegt und lässt einen mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. 8/10